[Buchrezension] Ketzer - Stephanie Parris
Was hatte William Bernard an meinem ersten Abend hier so treffend bemerkt? Kein Mann in Oxford war das, was er zu sein schien.
England, 1583: Auf der Flucht vor der Inquisition und auf der Suche nach einem geheimnisvollen, als verschollen geltendem Buch, verschlägt es Gìordano Bruno nach Oxford. Dort kommt er im Lincoln College unter, wo er als Philosoph zu einer Disputation vorgeladen ist. Doch schon an seinem ersten Morgen in der Universität wecken ihn lautes Hundegebell und menschliche Schreie. Eines der Ehrenmitglieder des College wurde offenbar vorsätzlich mit dem Hund in den Garten gesperrt. Doch niemand will Brunos Theorie glauben.
Erst als ein weiterer Mann ums Leben kommt, kommt Bewegung in die Menschen. Bruno stellt auf eigene Faust Nachforschungen an und erfährt dabei, dass die Toten einer verbotenen Glaubensrichtung angehörten und demnach Ketzer waren. Er kommt immer mehr Geheimnissen auf die Spur und muss sich schließlich fragen: Was ist, wenn er der Nächste ist?
Buchaufmachung:
Das Cover wirkt durch den sandfarbenen Hintergrund mit dem roten, einnehmenden Kreuz sehr auffällig und interessant. Allerdings ist eben dieses Kreuz jenes der Tempelritter, was zu einiger Verwirrung führen könnte und bei mir die Frage aufwirft, warum gerade dieses verwendet wurde. Trotzdem komme ich nicht umhin, zu sagen, dass das Buch klasse gestaltet wurde.
Meine Meinung:
Historische Bücher fanden zwar bereits ihren Weg zu mir, aber einen Thriller, der in einer lang vergangenen Zeit spielt, habe ich bisher noch nicht gelesen. "Ketzer" klang da sehr interessant - und hielt auch in weiten Teilen, was es versprach.
Gìordano Bruno berichtet dem Leser aus der Ich-Perspektive seine Geschichte, wodurch besonders seine sehr interessanten Gedankengänge und philosophischen Weltansichten, die heute weitestgehend bestätigt sind, sehr gut zur Geltung kommen. Besonders seine Flucht aus dem Kloster nach dem Auffliegen seiner "Ketzerei" gefiel mir, weil vor allem dort die Umstände klar wurden, in denen er lebte. Der Schreibstil ist passend zur Zeit und oft mit schönen Beschreibungen durchsetzt, die das Geschehen lebendiger erscheinen lassen.
Nach dem Prolog allerdings plätschert die Geschichte gut 100-150 Seiten nur so vor sich hin, Bruno kommt nach Oxford, quartiert sich dort ein, nimmt an einem Essen teil, unterhält sich mit einigen Menschen und findet die Tochter des Rektors anziehend. Zwar blieb ich am Ball ob der authentischen Umgebung, den guten Dialogen und toll recherchierten Aspekte, die die Autorin immer wieder einfließen lässt, dennoch könnte hier bei anderen Lesern leicht größere Langeweile aufkommen.
Als dann allerdings endlich etwas passiert, geht es richtig los. Der Tod eines der Fellows wird insbesondere vom Rektor als Unfall abgetan, doch Bruno ist sich schnell sicher, dass es Mord war. Von da an fieberte ich richtig mit, denn auf der Suche nach dem Täter werden so einige spannende Geheimnisse gelüftet, die in Atem halten. Ich war kontinuierlich gefesselt, während ich mich auf niemanden als potenziellen Mörder festlegen konnte, was mir sonst selten geschieht.
Auch die Figuren hat Stephanie Parris gut ausgearbeitet, insbesondere den undurchschaubaren, feindseligen Slythurst, den auf seine Ehre bedachten und dabei alles in den Hintergrund stellenden Rektor Underhill und auch Bruno selbst, wenngleich dieser mir einige Male zu waghalsig und auch in gewisser Weise gutgläubig war. Einzig mit der Tochter Underhills wurde ich nicht warm, sie wird als intelligent und schön dargestellt, benimmt sich aber insbesondere zum Ende hin äußerst töricht und geradezu liebeskrank, weshalb ich auch Gìordanos Vernarrtheit nicht verstehen konnte.
Die Spannung wird durch einige Irrungen und Verwirrungen am Ende großartig gesteigert, viele Personen entpuppen sich als anders als erwartet, was mir sehr gefiel. Die Aufklärung ist ebenso schlüssig wie glaubhaft, aber zwischendurch doch auch ein wenig verwirrend; es geht alles so schnell. Die gesamte Lösung wird hier in einem Gespräch aufgedeckt, in dem der Täter sich selbst verrät, was ich doch recht schade fand. Brunos Hingabe für Sophia konnte ich auch hier nicht verstehen, dennoch war ich vom Schluss positiv beeindruckt ob der Ausarbeitung und des Realismus'.
Fazit:
"Ketzer" ist ein sehr interessanter historischer Thriller mit weitestgehend gut ausgearbeiteten Charakteren und einer schlüssigen Geschichte. Durch ein paar Längen besonders am Anfang, einige unglaubwürdige Taten seitens der Hauptperson und des nervigen Charakters der Sophia ziehe ich zwar einen Punkt ab - dennoch empfehle ich den Roman allen, die gern historisch und glaubwürdig unterhalten werden möchten!
Das Buch auf der Verlagswebsite: Hier klicken
Herzlichen Dank für das Rezensionsexemplar!
http://randomhouse.de/limes |
Vielen lieben Dank für die tolle Rezension.
AntwortenLöschenHerzliche Grüße aus dem kalten München vom Limes Presse-Team
Tolle Rezension. Ich glaube, dass notier ich mir mal, wenn ich mal so richtig Lust auf einen historischen Thriller habe.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Diti