Back Down to Earth


[Buchrezension] Das verrückte Leben der Jessie Jefferson - Paige Toon

Er schluckt. "Und was hast du jetzt vor?"
"Was meinst du?", frage ich.
"Willst du...Willst du, dass wir mit ihm Kontakt aufnehmen?"
Ich werde beinahe ohnmächtig. Noch vor zehn Minuten wusste ich nicht einmal, wer mein richtiger Vater ist. Und jetzt bietet Stu mir an, mit ihm Kontakt aufzunehmen. "Das würdest du tun?"
"Ja."
Die kleine Stimme in meinem Kopf fragt: Will er mich etwa loswerden? Doch die Antwort auf diese Frage will ich lieber nicht wissen. Jedenfalls im Moment nicht. Im Moment möchte ich nur eins: meinen leiblichen Vater kennen lernen. Mit welchen Konsequenzen auch immer.

Das verrückte Leben der Jessie JeffersonINHALT
Jessie ist erst 15 Jahre alt und musste bereits einen schweren Schicksalsschlag hinnehmen: Wenige Monate zuvor ist ihre Mutter gestorben und nun lebt sie mit ihrem Stiefvater Stu zusammen, weil sie ihren Erzeuger nie kennen gelernt hat. Frustriert und traurig flüchtet sie sich in Alkohol und lange Nächte - bis Stu es nicht mehr aushält und ihr sagt, wer ihr leiblicher Vater ist: Rockstar Johnny Jefferson! Jessie ist völlig von der Rolle und noch begeisterter, als sie auch noch eingeladen wird, eine Woche mit Johnny und seiner Familie zu verbringen. Doch der gemeinsame Start gestaltet sich holprig und Jessie ist sich gar nicht sicher, ob dieses Leben etwas für sie ist...

MEINE MEINUNG
Mit "Das verrückte Leben der Jessie Jefferson" hat Paige Toon, bekannt für ihre Frauenromane, ihr erstes Jugendbuch veröffentlicht - aufbauend jedoch auf ihrer Reihe um Johnny Jefferson selbst. Mit Jessie hat sie sich eine ausgesprochen junge Protagonistin ausgesucht, die sehr pubertär denkt und handelt. Die Dialoge sind von Umgangs- und Jugendsprache geprägt, die aber nicht sonderlich glaubwürdig ist; gleichzeitig wirkt der Stil ausgesprochen erwachsen, teilweise werden sogar Worte wie "ostentativ" verwendet - was einfach nicht zusammenpasst. Immerhin kann man sich durch die Ich-Perspektive gut in die Protagonistin hineinversetzen, auch wenn das nicht bedeutet, dass man sie versteht.

Jessie kann einem als Hauptcharakter ziemlich arg auf die Nerven gehen. Verständlich ist natürlich, dass sie nach dem Tod ihrer Mutter vor ihrem Schmerz und ihren Schuldgefühlen flüchtet. Nicht verständlich ist aber, wie sehr ihr Alkoholkonsum verharmlost wird - er wird für ein solches Mädchen regelrecht als normal dargestellt. Ansonsten ist sie eine ziemliche Zicke und hat nur selten wirklich helle Momente. Zwar wird sie im Laufe der Handlung etwas erwachsener, von einer wirklich sympathischen Protagonistin ist sie aber auch dann weit entfernt. Ihre beiden Love-Interests Jack und Tom sind absolut austauschbar und hinterlassen kaum einen Eindruck, außer, dass beide Herzensbrecher sind - für mich kein Argument für auch nur einen der beiden. Johnny, seine Frau Meg und deren beide Kinder sind nette Nebenfiguren, die man über die 300 Seiten langsam besser kennen lernt. Am sympathischsten ist aber definitiv Jessies Stiefvater Stu, der sich rührend um sie kümmert und doch immer wieder von ihr zurück gestoßen wird.

Ich hatte beim Lesen des Romans oft das Gefühl, dass er ab einem gewissen Alter auch für Jugendbuch-Leser einfach nichts mehr ist - dafür ist das Ganze einfach zu pubertär. Hauptsächlich dreht sich alles um Jessies Wunsch, allen von ihrem berühmten Vater erzählen zu können und mit einem ihrer beiden heißen Kerle herumzuknutschen. Die sich anbahnende Dreiecks-Beziehung hätte meiner Meinung nach schon mal gar nicht sein müssen, und die Annäherung zwischen Jessie und ihrer "neuen" Familie geht viel zu schnell, um glaubwürdig zu sein. Es gibt ein paar wichtige Aussprachen und Streits, die die Handlung etwas voranbringen, ansonsten passiert aber einfach nicht viel außer immer neuer Besuche auf irgendwelchen kleinen oder großen Hollywood-Partys. Worauf die Trilogie hinauslaufen wird, ist auch spätestens klar, als Jessies großes Gesangstalent offenbart wird - Überraschungen sind also in den Folgebänden wohl ebenfalls nicht zu erwarten. Außer vielleicht dahingehend, für welchen der Jungen sie sich entscheidet...

FAZIT
Vielleicht bin ich mit 20 Jahren mittlerweile einfach zu alt für Bücher mit 15-jährigen Protagonisten. Vielleicht lag es hier aber auch einfach an der langweiligen Geschichte ohne große Überraschungen - auf jeden Fall sind "Das verrückte Leben der Jessie Jefferson" und ich nicht auf einen gemeinsamen Nenner gekommen. Zu pubertär, zu viel Romantik, zu wenig Entwicklung. Daher leider nur 2 Punkte.


Titel: Das verrückte Leben der Jessie Jefferson
Originaltitel: The Accidental Life of Jessie Jefferson
Autor: Paige Toon
Übersetzer: Gisela Schmitt
Seitenzahl: 304 Seiten
ISBN-13: 978-3956495670
Bereitgestellt durch

  2 Kommentare:

  1. Eine sehr ehrliche und reflektierte Rezension! Hat mir sehr gut gefallen. Ich hatte das Buch im Hinterkopf, war aber noch vorsichtig, da meine erste literarische Begegnung mit Paige Toon sehr enttäuschend ausgefallen ist. Deine Rezi bestätigt mich ein bisschen, so dass ich mich lieber nach anderen Büchern umschaue.
    Liebe Blubbergrüße
    Anka

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    1. Vielen lieben Dank für das Kompliment! Ich bin froh, dass ich dir bei deiner Entscheidung ein wenig weiterhelfen konnte - auch wenn ich natürlich nicht das Maß aller Dinge bin, selbstverständlich nicht. Aber ich denke, wenn man nicht mehr im Teenie-Alter ist und mit Paige Toon eventuell sowieso nicht viel anfangen kann, ist das wirklich nicht das richtige.
      Dann wünsche ich dir viel Erfolg dabei, dir andere, möglichst natürlich supergute Bücher auszusuchen ;)

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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