Back Down to Earth


[Filmrezension] Chappie

"Ich habe ein Bewusstsein. Ich bin lebendig. Ich bin Chappie."

STORY 
Der Forscher Deon hat in der Zukunft mit seinen von künstlicher Intelligenz gesteuerten Robotern dem Polizeisystem zu neuer Größe verholfen. Doch er will mehr: Einen Roboter, der selbst denken, fühlen und handeln kann. Und so entwickelt er Chappie. Anfangs noch wie ein Kind und lernbedürftig, beginnt der Roboter tatsächlich bald, eigene Entscheidungen zu treffen. Doch andere Menschen sehen dies als gefährlich an - und lassen nichts unversucht, um ihn zu vernichten...

MEINE MEINUNG
Neill Blomkamp konnte die Massen 2009 mit seinem völlig anderen Blick auf Aliens in "District 9" begeistern und 2012 dann mit "Elysium", einem starbesetzten Abenteuer voller Wendungen. Science-Fiction ist sein Genre und er versteht es eindeutig, großartige Geschichten ebenso großartig auf die Leindwand zu bringen. Was ist also mit "Chappie" passiert? Nicht nur, dass der Streifen ab 12 ist und teilweise wie ein Familienfilmchen wirkt, auch ist er weitaus alberner und klischeehafter als man das erwartet hätte - und das enttäuscht zutiefst.

Die Darsteller sind aber immerhin im Großen und Ganzen wieder einmal exzellent gewählt. Es gibt keinen wirklichen Protagonisten außer dem titelgebenden Roboter [der im Original von Sharlto Copley gesprochen wird, Protagonist in "District 9"], sodass sich beinahe alle Schauspieler gut entfalten können. Dev Patel ist sympathisch und intelligent-neugierig wie gewohnt, die Rapper Yolandi und Ninja sind in ihren gleichnamigen Rollen glaubwürdiger als erwartet - wenn sie es auch manchmal übertreiben - und die Nebenrollen sind mit Hugh Jackman und Sigourney Weaver Aufsehen erregend besetzt. Nur sind es eben gerade die, die keinerlei Substanz bieten, nur vor sich hin agieren und nicht überzeugen können. Gerade Jackman, der sonst fast nie Bösewichte spielt, wirkt schrecklich austauschbar und wurde leider komplett verschenkt.

Genauso wie ein Großteil des Potenzials der Story. Prinzipiell sind beide vorhandenen Ansätze klasse: Ein Roboter mit eigenem Bewusstsein, der Sprechen, Handeln, Fühlen erst lernen muss. Und die polizeiliche Zusammenarbeit zwischen Menschen und Robotern, die irgendwann zwangsläufig aus dem Ruder laufen muss. Zusammen aber wirken diese Elemente nicht stimmig, weil beides in die 2 Stunden Laufzeit gequetscht werden muss. So lernt Chappie erst sehr langsam die menschlichen Verhaltensweisen und dann plötzlich so rasant, dass er Ausdrücke und Redewendungen kennt, die niemand normalerweise benutzt. Er ist realistisch animiert und sein Verhalten ist oftmals witzig, aber weil er Gangster zu imitieren versucht, kommt alles so ein wenig asozial und lächerlich daher. Zudem wird durch das vermehrte Auftreten des von Neid und Missgunst zerfressenen Konkurrenten von Deon viel zu stark auf die kommenden Ereignisse hingedeutet, was das Ganze ziemlich einfallslos und teilweise auch einschläfernd wirken lässt.

Wenn man aber mal von diesen Kritikpunkten und der fürchterlichen [von Die Antwoord beigesteuerten] Musik absieht, hat der Film auch seine guten Seiten. Die Sci-Fi-Elemente sind überwiegend klasse integriert und wirken durch die Darstellung und Ideen glaubwürdig und originell. Außerdem weiß Blomkamp, wie er Action-Szenen zu inszenieren hat, und neben ein paar schön blutigen Szenen gibt es auch heroische Kampfeinlagen und Opferungen. Dass das Ende dann aber zu einem wirklich seltsamen und vor allem unglaubwürdigen Ultra-Happy-End mutiert, gespickt mit Logikfehlern und ein wenig Kitsch, macht dann auch irgendwie die Freude wieder zunichte, dass es davor ordentlich Spektakel gab. Irgendetwas ist hier aus dem Ruder gelaufen - und hat guten Ideen die geniale Umsetzung gekostet.

FAZIT
Ich bin ein großer Fan von Regisseur Neill Blomkamp und seiner Herangehensweise an das Science-Fiction-Genre, daher ist meine Enttäuschung über sein neustes Werk wahrscheinlich auch so groß. Die Darsteller, insbesondere Dev Patel, sind gut gewählt, Hugh Jackman und Sigourney Weaver wirken aber größtenteils unnütz, die Geschichte ist manchmal niedlich, manchmal spannend und meistens ziemlich lächerlich, und am Ende wird leider kein Mut gezeigt. Da hoffe ich jetzt, dass Blomkamp mit dem neuen "Alien"-Film 2017 wieder zu seiner alten Form zurückfindet. Knappe 2,5 Punkte.



  6 Kommentare:

  1. ich vergöttere district 9 und habe vor 2 Tagen dann auch noch Elysium gesehen (wo übrigens auch der Schauspieler aus D9 dabei war. ich bin soo gespannt auf Chappie, schade, dass es dir nicht so zugesagt hat.
    LG

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    1. Ja, Blomkamp verwertet seine Schauspieler sehr gern wieder - Shartlo Coplay ist wohl einer seiner besten Freunde, dass der auch in "Elysium" dabei war, ist mir ebenfalls aufgefallen ;)
      Ich hoffe trotzdem, dass dir "Chappie" gefallen wird oder, falls du ihn schon gesehen hast, gefallen hat. Mich hat's zumindest irgendwie traurig gemacht, dass dieser mir nach den beiden anderen gar nicht gefallen hat...

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  2. Der Film/Trailer hat mich gar nicht angesprochen. Bei "Chappie" muss ich auch immer an Hundefutter denken... jetzt weiß ich ja, dass ich mir den Kinobesuch sparen kann ;)

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    1. Dafür solltest du dir aber dringend noch "District 9" ansehen - und ich weiß grad gar nicht, hattest du "Elysium" geschaut? Der ist es jedenfalls auch wert ;) Chappie selbst ist im Film eigentlich ganz niedlich - und gar kein Hundefutter :D -, aber der Rest ist hrmpf.

      Apropos Hundefutter übrigens - das spielt in "District 9" eine Rolle :D

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  3. Galaktische Grüße, Sonne.
    Deine aufgearbeiteten Kritikpunkte laßen ja eher die klassischen Hollywood-Mätzchen zur Publikumsverlullung befürchten, als den unabhängig produzierten SF-Film.
    Dir war er zu mainstream & wenig couragiert genug. Klingt tatsächlich mehr nach Familienunterhaltung und marginale 'District 9'-DNS. Wäre tatsächlich schade, wenn ich allein auf das Potenzial der Story blinzele.
    Ähnlich wie 'I Robot', der irgendwann den Hintergrund für billige Action aufgibt.
    Die Jungs & Mädels von Rotten Tomatoes geben dem Film auch eher ne Fahrkarte. Um im Bild von eben zu bleiben: Zuviel 'Nummer 5 Lebt'-DNS.

    Nachdem Scott leidlich mehr als Bullshit aus dem Alien-Sequel fabriziert hat, kann Neil Blomkamp eigentlich nicht noch schlechter werden - oder?

    bonté

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    1. Das habe ich auch gehört, dass sich "Chappie" teilweise zu stark an "Nummer 5 lebt" orientiert, das aber eher im schlechten Sinne. Hab den leider gar nicht gesehen, kann dazu also nichts sagen - aber wer weiß, wie ich den Film dann bewertet hätte...
      "I, Robot" fand ich teilweise auch gar nicht so schlecht [an das Ende kann ich mich aber auch nicht mehr erinnern, schon zu lange her.]
      Ich denke auch, dass nach "Prometheus" nichts Schlimmeres mehr draus werden kann :D Blomkamp darf nur eben nicht albern werden, dann klappt das hoffentlich auch...

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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