Back Down to Earth


[Buchrezension] Untot: Lauf, solange du noch kannst - Kirsty McKay

Nach der Wärme des Cafés trifft mich die Kälte wie ein Eimer Eiswasser; es ist tierisch windig und im Eingangsbereich wirbelt Schnee. Smitty bleibt kaum stehen, um zu schauen, ob sich irgendwas rührt; geduckt huscht er um die Gebäudeecke und folgt einem Weg hinten auf die Rückseite. Ich will schon hinterher, da fällt mir im Augenwinkel etwas auf und ich drehe mich um. Ich schaue zu unserem Bus herüber.
Die Tür steht offen.

INHALT
Als Bobby mit ihrer verhassten Klasse von einem Skiausflug zurückkommt, geschieht bei einer Pause an einem Café auf dem Rückweg etwas Seltsames: All ihre Mitschüler fallen tot um - und stehen kurz danach als Zombies wieder auf! Einzig allein Bobby, Zicke Alice, der Streber Pete und der etwas freakige Smitty bleiben übrig und müssen sich von nun an allein durchschlagen. Immer in der Gefahr, von den blutgierigen Untoten entdeckt zu werden. Und nicht einmal anderen Menschen können sie noch trauen...

MEINE MEINUNG
Für "Untot" wurde schon im Voraus viel Werbung gemacht - und als Prolog sogar der Film "Untot in Deutschland" produziert. Da erwartet man natürlich etwas Besonderes im Zombie-Genre. Autorin Kirsty McKay setzt aber, vor allem anfangs, eher auf Klischees und die Stärken der zusammengewürfelten Gruppe aus Teenagern, wobei diese eher zu wünschen übrig lassen. Der Schreibstil ist flüssig und flott, immer wieder durchsetzt von recht witzigen Anmerkungen der Protagonistin, die ihre Geschichte im Präsens aus der Ich-Perspektive erzählt. Die Beschreibungen der Umgebung und Zombies sind durchaus anschaulich, die der verschiedenen Figuren lassen jedoch arg zu wünschen übrig, weshalb man sich kein wirkliches Bild machen kann.

Bobby ist eine insgesamt recht sympathische Hauptfigur: Intelligent, gewitzt und stark. Sie ist nur selten naiv und schafft es ziemlich gut, die Gruppe voranzubringen. Manchmal wirkte mir ihre Art etwas zu konstruiert lustig, dennoch macht es die meiste Zeit über Spaß, von ihr zu lesen, da sie in gewisser Weise die einzige zurechnungsfähige Person zu sein scheint. Smitty gibt sich die meiste Zeit über total lässig und hat immer einen Spruch auf Lager, nervt aber zwischenzeitlich durch seine wenig ernste Art. Dafür greift er in den schwierigen Momenten super durch und entwickelt auch in den gefährlichsten Situationen brauchbare Pläne, was das Ganze wieder wettmacht.

Klassenkameradin Alice ist das typische blonde, naive und unfassbar dumme Mädchen, das dem Leser permanent auf die Nerven geht und keinen einzigen besonderen Beitrag leistet - anders kann man es kaum ausdrücken. Das ist nicht nur komplett klischeehaft, sondern regt nach einiger Zeit auch ziemlich auf. Sympathie? Fehlanzeige! Meiner Meinung nach hätte diese Figur auch weggelassen werden können. Pete, der sich mit vielen auskennt, nur nicht so wirklich mit menschlicher Nähe, ist zwar ebenso stereotyp, weiß aber wenigstens einiges und schafft es immer wieder, Geheimnisse zutage zu fördern. Da sonstige Charaktere nach ihrem Auftauchen immer recht schnell wieder verschwinden, ist eine Bewertung derer schwierig - dies ist aber aufgrund der Präsenz der Hauptfiguren auch nicht weiter wichtig.

Die Geschichte selbst ist nicht viel weniger klischeehaft als sonstige Zombie-Bücher oder -filme. Die Protagonisten befinden sich selbstverständlich genau dort, wo alles los geht und müssen sich dann irgendwie selbst helfen. Dabei sind sie anfangs unfassbar naiv und das, obwohl sie selbst behaupten, viele solcher Filme gesehen zu haben. Natürlich wird dennoch ein gebissener Mann gepflegt, damit sie von diesem angegriffen werden können! Auch ist es ein einziges Hin und Her von Schauplätzen - erst sind sie dort, dann geht's woanders hin, dann wieder zurück - das Ganze ist nur selten besonders glaubwürdig und aufgrund der ewigen Streitereien innerhalb der Gruppe auch anfangs sehr ermüdend. Circa ab der Hälfte des Romans nimmt es jedoch endlich an Fahrt auf und die Untoten, denen die 4 begegnen, häufen sich. Ob es dabei realistisch ist, dass sie so in Gefahr sind, obwohl die früheren Menschen offensichtlich ziemlich langsam sind, sei mal dahin gestellt.

Die Jugendlichen flüchten sich gemeinsam in eine Burg, um vor den Zombies sicher zu sein - und genau dort kommen sie der Wahrheit näher als sie je gedacht hätten. Ist der Ausbruch der Seuche Absicht gewesen oder eine mutierte Grippe? Steckt jemand dahinter, und wenn ja, wer? Immer tiefer schlittern sie hinein in eine scheinbar ausweglose Situation...Ab da wird der Roman tatsächlich spannend und die Cliffhanger am Ende der Kapitel tragen ihr Übriges dazu bei. Der Zusammenhang zwischen einem Mitglied der Truppe und dem Virus erschien mir wieder etwas zu konstruiert, dennoch sorgt dieser Aspekt für einige Enthüllungen, die die Geschichte vorantreiben. Am besten gefiel mir jedoch, dass es zwar eine winzige Liebesgeschichte gibt, diese aber in keiner Situation in den Vordergrund gedrängt wird. So soll das sein! Das Ende ist spannend, überraschend und unerwartet und hat mir trotz meiner Kritikpunkte Lust gemacht auf Band 2, der auf Englisch bereits erschienen ist. Möglicherweise erwartet uns da ja eine Steigerung!

FAZIT
Auch wenn meine Rezension recht negativ klingt, so ist "Untot" doch kein schlechtes Buch - nur eben sehr klischeehaft. Die Charaktere sind nicht immer einfach und manchmal ziemlich anstrengend, die Ereignisse bis zur Hälfte des Romans recht langweilig. Die spannenden letzten 150 Seiten reißen das Ganze aber noch einmal raus und das Cliffhanger-Ende weckt das Interesse für den 2. Teil. Aufgrund meiner Kritikpunkte gibt es nur gute 3 Punkte von mir - ich hoffe  aber auf mehr Ausschöpfung des Potenzials im nächsten Band!



Titel: Untot - Lauf, solange du noch kannst
Originaltitel: Undead
Autor: Kristy McKay
Übersetzer: Frank Böhmert
Verlag: Chicken House
Seitenzahl: 368 Seiten
ISBN-13: 978-3551520418


  4 Kommentare:

  1. Meine Rezension dazu ist jetzt veröffentlicht,du kannst jetzt meine volle Meinung dazu lesen ;)

    LG May

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  2. Salut, Sonne.
    Gut möglich, daß sich Autoren wie Verlage gelegentlich denken, daß inzwischen wieder eine neue Generation herangewachsen ist, die mit den Standarts des Genres noch nicht warm ist. Zombie for beginner!

    Seltsam aber; normalerweise ist die Rolle "blonde Zicke" dadurch charakterisiert, daß sie definitiv die falsche Tür öffnet. "Ist da wer???"
    :-)

    bonté

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  3. Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.

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  4. @May:
    Hab ja bereits einen Kommentar hinterlassen ;)

    @RoM:
    Ich schätze ebenfalls, dass das der Grund dafür sein muss. Es ist sowieso grade ein wahnsinniger Zombie-Boom, da scheint alles veröffentlicht zu werden, egal, ob man es schon 30x gelesen hat...
    Die blonde Zicke öffnet in diesem Buch übrigens [zum Glück!!] nicht irgendwelche Türen - dafür kann sie halt einfach gar nichts, das ist auch nicht besser ;)

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Die Bloggerin

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