Back Down to Earth


[Filmrezension] London Boulevard

"Und der Schotte, wo kommt der her?" - "Stand zufällig vor einem Wohnhaus." - "Und wer bezahlt ihn?" - "Na ich, wer sonst?!" - "Womit?" - "Ich hol' ihm einen runter und tue, als wär' ich seine Mom."

STORY
In Londons Unterwelt ist Mitchel als Geldeintreiber gefürchtet und damit für den skrupellosen Geldhai Gant ein Mann, auf den er in der Personalplanung nicht verzichten kann. Doch nach seiner Haftentlassung versucht Mitchel, die Brücken zu seiner kriminellen Vergangenheit abzureißen, verliebt sich als Bodyguard in seine Arbeitgeberin, einen von Paparazzi verfolgten Filmstar. Doch Gant gibt nicht auf und erkennt in Mitchels Loyalität zu einem alten Freund eine Schwachstelle, die er für seine Interessen nutzen kann.

MEINE MEINUNG
Ich bin ein großer Fan von Colin Farrell und konnte mir daher auch den neusten Film mit ihm nicht entgehen lassen. Obwohl ich ein wenig skeptisch wurde ob der doch recht durchwachsenen Bewertungen, war ich doch gespannt darauf, was ich davon halten würde - und muss nun sagen, ich bin immer noch vollkommen entrückt.

Der Plot selbst ist alles andere als neu: Der kriminelle Hauptcharakter will mit seiner Vergangenheit abschließen und ein neues, bürgerliches und gutes Leben führen. Doch wie immer kommen ihm dabei so einige hohe Tiere unter den Bösen dazwischen...Anders ist hier, dass Mitchel keinem Kumpel aus der Patsche helfen muss und dadurch noch einmal ein krummes Ding durchziehen muss, sondern dass er von einem der gefürchtetesten Männern Londons stark bedrängt wird und das mit allerlei harten Mitteln. Die immer heftiger werdenden Maßnahmen des Widersachers und Mitchs Reagieren darauf machen  einen Hauptteil der Handlung aus.

Colin Farrell spielt wie immer absolut überzeugend und authentisch - er ist nicht die gewohnte coole Socke und hat sicherlich nicht so viel drauf wie andere Action-Anti-Helden. Trotzdem ist er mutig, kämpferisch und hat so einige Sprüche auf Lager. Seine Art, sich zu artikulieren und wie er sich nicht nur um die eigenen Lieben kümmert, sondern auch einen Obdachlosen als guten Freund hat, machen ihn zu einem besonderen Charakter.  Ich habe ihm unglaublich gern zugeschaut und das nicht nur, weil er in der ein oder anderen Szene kein Shirt anhatte...

Keira Knightley ist klapprig und dürr wie eh und je, spielt aber trotzdem glaubwürdig und fesselnd. Als Charlotte ist sie ein gefeierter und von Paparazzi bedrängter Filmstar, ständig in Angst vor neuen Schlagzeilen über sie oder dem Erkannt-werden auf der Straße. Ich konnte mitfühlen mit ihr und ihrer Angst, hatte Verständnis für ihr nur langsames Sich-Öffnen gegenüber Mitchel und konnte ihr Vertrauen in diesen später absolut nachvollziehen. Ihre Beziehung rückt zwar nicht so in den Vordergrund, dass es besonders intensiv für den Zuschauer wird, trotzdem sind die Gefühle spürbar.

Auch die anderen Darsteller sind keine Unbekannten - Ray Winstone als widerlicher und kranker Fiesling Gant, der seine Rolle so überzeugend darbringt, dass ich ihn richtig verabscheute, Anna Friel als Mitchels labile und magersüchtige Schwester Briony, die immer an die Falschen gerät, und auch Jamie Campbell-Bower, hier in einer sehr kleinen Rolle als Gehilfe eines russischen Kriminellen, der seinen Dachschaden sehr gut rüberbringen kann. Auch David Thewlis spielt als Jordan grandios, wie wir es von ihm als Lupin aus "Harry Potter" gewohnt sind, aber leider wird die ganze Zeit über nicht klar, in was für einer Verbindung er nun zu Charlotte steht, was ich ein wenig schade finde.

Trotz ein paar Längen im Mittelteil wartet "London Boulevard" mit vielen spannenden Elementen auf, auch wenn es in den ersten zwei Dritteln relativ wenig Action gibt. Mitchels Kampf mit sich selbst und seiner Vergangenheit, sein Versuch, davon loszukommen, was eben nicht wirklich gelingt und seine Coolness, mit der er gegen die Bösesten der Bösen antritt, sind fesselnd mitzuerleben und lassen einem schon mal das Adrenalin durch die Adern rauschen. 

Allerdings wird der Film zum Ende hin auch immer brutaler - und in den letzten zwanzig Minuten gibt es bestimmt zehn Leichen. Für sanfte Gemüter ist der Streifen also eher nichts. Selbst auf mich als bekennenden Action-Fan wirkte das viele Blut dann doch ein wenig befremdlich, vor allem, weil ich es in der hohen Zahl ein bisschen übertrieben fand. Trotzdem verliert der Film hier nicht an Authenzität, denn die mit absolut passender Musik unterlegten Morde sind sehr genau und gut durchdacht - besonders der Letzte, der mit einigen Sätzen zusammenhängt, die vorher im Film gesagt wurden...

Das Ende dann ist nicht direkt unerwartet, aber dennoch überraschend und vor allem schockierend. Die ganze Zeit dachte ich, dass da noch etwas kommen muss, der große Knall, der große Fall - doch als das dann kam, konnte ich es nicht fassen, ich war entsetzt und fand es gleichzeitig großartig. Vielleicht ein wenig inszeniert, ja, ein bisschen, aber dennoch gut, umhauend. Der Film schließt mit einigen letzten Szenen im Abspann ab, die alles umrahmen, einfassen und letztendlich in ein besonderes Licht rücken.

FAZIT
"London Boulevard" ist von seiner Story her nicht neu, aber definitiv grandios besetzt und mit einigen Überraschungen gespickt - besonders zum Ende hin. Der Soundtrack passt perfekt und Regisseur William Monahan hat hier eindeutig bewiesen, was er drauf hat. Das letzte Drittel besitzt ein wenig zu viele Morde, zieht den Film aber dennoch nicht runter. Absolut empfehlenswert!

 


  6 Kommentare:

  1. Dieser Film ist irgendwie total an mir vorüber gegangen aber jetzt bin ich doch neugierig geworden. Colin Farell mag ich nämlich auch sehr gerne und deine Rezension macht echt Lust den Film zu sehen :)

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  2. @Katie:
    Jaa, interessanterweise hat dieser Film nur 10 Mio. Dollar weltweit eingespielt - es wurde einfach zu wenig Werbung gemacht -.- Schade, dass viele ihn nicht entdeckt haben. Schau ihn dir an! ;)

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  3. Hab vor einiger Zeit den Trailer gesehen und fand ihn damals schon toll, nur hab ich ihn dann wieder vergessen. Wunderbare Rezension. Man merkt dir deine Begeisterung richtig an. Ich denke, ich werde diesem Film auch mal eine Chance geben.

    Liebe Grüße, Diti

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  4. Den Film hab ich uach erst vor drei Tagen gelesen. Sein Stil erinnerte mich etwas an Layer Cake (kennst du den? Der ist phantastisch).

    London Boulevard fand ich auch nicht schlecht :) Und die Moral von der Geschicht? Verschone keinen Bösewicht ^^

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  5. @Ayanea:
    Hab schon ein, zwei mal von 'nem Vergleich zwischen den beiden Filmen gelesen - muss ich also anscheinend mal anschauen ;)
    Und jaa, da hast du wohl Recht. Ich hätte es nicht besser ausdrücken können :D

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  6. Uiui, das hört sich ja gut an! Ich werd versuchen jemanden zu finden, der den Film auch anschauen möchte ;-)

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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