Back Down to Earth


[Buchrezension] Saeculum - Ursula Poznanski

"Meine Schuld, das alles", keuchte Paul. "Wenn wir hier unten verrecken, geht das auf mein Konto. Ich wünsche -" Er rutschte kraftlos zu Boden, senkte den Kopf und verbarg das Gesicht in seinen Händen. "Ich wünschte, wir wären nie hergekommen. Aber - ich hatte alles so gut vorbereitet. Alles bedacht."
"Es ist nicht deine Schuld." Bastian legte eine Hand auf Pauls Schulter und dieser sah lächelnd zu ihm auf.
"Wessen denn sonst?"

Inhalt:
Nur wegen Sandra kommt Bastian überhaupt mit auf diese Mittelalter-Convention, die sonst so gar nichts für ihn wäre. Fünf Tage ohne Strom, Handy und seine Lehrbücher - eigentlich undenkbar! Aber er hegt die Hoffnung, seiner Freundin endlich näher zu kommen, weshalb er zusagt.
Dann erfährt die Gruppe, dass das Rollenspiel in einem Gebiet stattfinden soll, das laut einer alten Sage verflucht ist. Die meisten Spieler glauben nicht daran - doch plötzlich scheinen sich immer mehr der im Fluch prophezeiten Dinge zu bewahrheiten. Als schließlich auch noch Teilnehmer verschwinden, herrscht bald Angst und Schrecken vor. Und um zu überleben sind die Mitspieler zu allem bereit...

Buchaufmachung:
Mit dem schlichten weißen Hintergrund und den schwarzen Ästen wirkt das Cover des Buches sehr geheimnisvoll und bringt wunderbar die mysteriöse Atmosphäre des Romans rüber. Der schwarze Titel ist hervorgehoben, der Schnittschnitt auffallend in schwarz - insgesamt ein einziger Eyecatcher und wirklich klasse gelungen!

Meine Meinung:
Ursula Poznanskis letzter Roman "Erebos" wurde ja hoch gelobt und viel besprochen. Deshalb war ich umso gespannter auf ihren zweiten Thriller, in dem es wieder um ein Spiel geht; nur eben in anderer Weise. Mit hohen Erwartungen ging ich also daran, es zu Lesen - und wurde zum Glück nicht enttäuscht, ganz im Gegenteil. Ich bin fast ausschließlich begeistert von diesem wahren Lesevergnügen und weiß nun auch, weswegen die Autorin so gefeiert wird.

Die ersten 100 Seiten passiert erstmal recht wenig, was aber nicht heißt, dass es unspannend ist. Bastian wird von Sandra überzeugt, mit zur Convention zu kommen, Vorbereitungen werden getroffen und dann beginnt die Reise. Dazwischen wird viel Wert auf die Charakterisierung und Vorstellung der Figuren gelegt, worüber ich sehr froh bin - besonders wenige sind das nämlich nicht. Durch die gute Ausarbeitung dauert es aber nicht lange, bis man sich alle Namen eingeprägt hat, denn die Personen sind sehr unterschiedlich, haben alle verschiedene Macken und Züge, Ängste und Wünsche. So fiel es mir trotz der vielen Charaktere leicht, mich zurechtzufinden.

Bastian ist ein sehr sympathischer Protagonist. Zwar erscheint er nach außen hin wie ein "Musterschüler", wie er des öfteren auch von einer Convention-Teilnehmerin genannt wird, ist aber eigentlich gar nicht so. Er will Arzt werden, wie sein Vater, aber nicht um ihm nachzueifern, sondern um besser zu sein und zwar im menschlichen. Das charakterisiert ihn auch am besten: Sein Wunsch nach Gerechtigkeit, seine Güte und seine Hilfsbereitschaft. Ich konnte mich wunderbar mit ihm identifizieren, wodurch ich auch die gesamte Zeit über mit ihm gemeinsam alles durchmachte, was es durchzumachen gab.

Interessanterweise gibt es noch jemanden, der erzählt: Iris. Anfangs war ich etwas verwirrt, weil ich mich fragte, was sie so großartiges mit Bastian und den Geschehnissen zu tun hat, doch das klärt oder entwickelt sich alles. Nach anfänglicher Skepsis ihr gegenüber wurde ich auch schnell mit ihr warm und habe sie ebenso ins Herz geschlossen wie Bastian, vielleicht auch wegen ihrer Eigenarten, die aber so verständlich sind. Poznanski hat mit Iris eine klasse Wahl getroffen und ihr Können im Charakterisieren hier eindeutig unter Beweis gestellt.

Nach den ersten 100 Seiten, die die Einleitung benötigt, geht es richtig los. Die Spieler kommen auf der Lichtung an, richten sich ein, arbeiten ein wenig - doch bald beginnt das Grauen. Teilnehmer verschwinden, Schreie ertönen in der Nacht, der Fluch, der über dem Waldstück liegen soll, scheint sich Stück für Stück zu bewahrheiten. Die Stimmung wird immer ängstlicher und gruseliger und ich war wie gebannt, konnte das Buch einfach nicht mehr aus der Hand legen. Ich wollte unbedingt wissen, was dahinter steckt, wie alles zusammenpasst, warum es geschieht. Und Ursula Poznanski konfrontiert dabei mit so einigem, geht soweit, in die Abgründe der Humanität zu schauen, was aufwühlend und heftig auf mich wirkte und mich mehrmals erschrocken den Kopf schütteln ließ.

Die Spannung baut sich immer weiter auf, es passieren Dinge, mit denen der Leser nicht rechnet oder mit denen er eigentlich nicht rechnen wollte. Die Situation spitzt sich immer weiter zu, wird intensiver und intensiver...bis es zur unausweichlichen Konfrontation mit der anschließenden Auflösung kommt. Doch für meinen Geschmack war in diesem Part zu viel Gerede. Während die Atmosphäre davor extrem dicht und packend war, flaute sie für mich an diesem Punkt ab und ließ ein schales Gefühl zurück - denn ich hatte leider schon die ganze Zeit geahnt, wer oder was hinter allem steckt. Für die, die nicht besonders oft in den Genuss eines Thriller kommen, mag das sehr überraschend sein, mir allerdings erschien es als einziges noch möglich. Deswegen hatte ich eigentlich noch einen richtigen Kracher erwartet, der wider Erwarten ausblieb.

Trotzdem ist das Ende nicht schlecht, keinesfalls! Es ist originell, gut ausgearbeitet und in fast allen Punkten schlüssig - auch wenn ja doch im Grunde alles nur eingefädelt werden konnte, wenn alle die richtigen Schlüsse zogen und genau das taten, was erwartet wurde - was mir doch etwas unlogisch erschien. Dennoch wirkt es durchdacht und intelligent. Nur für mich war es eben überhaupt nicht überraschend. Schade eigentlich, denn die volle Punktzahl hätte ich hier gern vergeben.

Fazit:
Ein packender, sehr origineller und beinahe schon Angst einflößender Thriller mit grandios charaktersierten Haupt- und Nebenfiguren. Nur das Ende schwächelt meiner Meinung nach ein bisschen, wird für die nicht so oft Thriller-lesenden aber wohl richtig gut sein. Mir hat "Saeculum" einige spannende und intensive Lesestunden beschert - 4,5 Punkte!




Das Buch auf der Verlagswebsite: Hier klicken

Herzlichen Dank dem Verlag für das Leseexemplar!

http://loewe-verlag.de

  8 Kommentare:

  1. Tolle Rezension! Ich habe Erebos verschlunge und will nun auch unbedingt Saeculum lesen :)
    Leider muss es bei mir denk ich noch ein bisschen warten, da ich noch so viele andere Bücher zum lesen habe.
    Liebste Grüße
    Corinna

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  2. O.O Oh das hört sich nach einem Buch an - welches ich unbedingt auf meine Weihnachtswunschliste schreiben sollte O.O
    Wunderbar Danke :D

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  3. Sehr schön geschrieben. Man, ich solllte wirklich langsam zum ersten Buch der Autorin greifen, damit ich da auch mitreden kann. So, wie du das Buch beschreibst, könnte ich es mir gut als Film vorstellen.

    Liebe Grüße, Diti

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  4. Wie immer eine wunderbar geschriebene Rezension!
    Im Moment bin ich ja noch blutige Thriller-Anfängerin, von daher war die Auflösung für mich bestimmt ein wenig überraschender als für dich. ;)
    Ansonsten kann ich dir in allen Punkten zustimmen.

    Liebge Grüße
    Lisa

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  5. Hallöchen :)
    Ich wollte nur mal schnell sagen, dass ich dir einen Arward verliehen habe!

    http://maraszuckerstreuselfarbenbuntewelt.blogspot.com/2011/10/1-award.html

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  6. Schöne Rezension :))

    Hier ist was für dich :))

    http://thebloggingbooks.blogspot.com/2011/10/unser-erster-award-best-blog-award.html

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  7. Ha, hier kamen offenbar zwei auf den gleichen Gedanken. Ich habe etwas für dich:

    http://timetoreread.blogspot.com/2011/10/mein-erster-award.html

    Schönen Wochenanfang!
    Britta

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  8. Die Rezension hat mir echt gut gefallen!
    Da mir Erebos auch schon sehr gut gefallen hat, werde ich dieses Buch auf jeden Fall auch lesen :)

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Die Bloggerin

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