Back Down to Earth


[Buchrezension] XY - Sandro Veronesi

Es ist etwas Übernatürliches geschehen. So, jetzt ist es heraus. Übernatürlich. Es ist etwas Übernatürliches passiert. Es ist möglich. Wenn es die Worte gibt, um es zu sagen, dann ist es auch möglich. Etwas Übernatürliches. So sehr beeindruckt mich das eigentlich gar nicht - und das ist letzten Endes auch nicht das Problem. Das Problem ist, dass, was an jenem Morgen um 9 Uhr 45 geschehen ist, was auch immer es gewesen sein mag, übernatürlich oder nicht, auch mir passiert ist.

Inhalt: 
Im verschneiten Wald nahe des Bergdorfs San Giuda werden elf Leichen unter einem mit Blut vereisten Baum gefunden. Die Autopsie der Leichen offenbart etwas Unfassbares: elf Leichen, elf Todesursachen. Mord und Selbstmord, Krebs und Herzinfarkt. Ein Opfer scheint dem Biss eines Haifisches erlegen zu sein. Nichts passt zusammen. Während die Behörden die unerklärlichen Details der Tragödie vertuschen, versuchen der Priester Don Ermete und die Psychologin Giovanna, das Rätsel zu lösen. Doch die Suche führt auch in die Abgründe des Dorfes...

Die Buchaufmachung:
Der Hintergrund des Covers ist in einem wie Schnee wirkenden weiß-grau gehalten, wovon sich der rote Titel sehr gut abhebt. Es sagt nicht viel aus, was mir gefällt, da es so nicht alles sofort verrät.
Jedes Kapitel hat eine eigene Überschrift, immer sehr passend zum Inhalt. Alles in allem ist das Werk sehr schlicht gehalten, passt damit aber auch zur Geschichte.

Meine Meinung:
Die Story klingt und ist sehr einzigartig - diese elf Leichen, alle unterschiedlich gestorben an Mord oder natürlichen bzw. skurrilen Todesursachen, gefunden unter einem blutigen Baum, geben Rätsel auf und machen neugierig. Was ist geschehen? Wer war es? Und vor allem, weshalb? Ich ging mit Erwartungen an dieses Buch heran, die es hier in keinem Fall erfüllen konnte. Vielleicht liegt es daran, dass es falsch vermarktet wurde, aber ich habe mir so viel mehr versprochen und wurde so enttäuscht.

Sandro Veronesi nutzt zur Erzählung seiner Geschichte einzigartige Stile und grenzt seine beiden erzählenden Hauptpersonen klar voneinander ab, sodass sie sehr unterschiedlich wirken. Die Psychologin Giovanna ist mehr eine hektische Person, die alles in Frage stellt und die Sache möglichst wissenschaftlich aufklären will. Bei ihr werden oft einfache Dialoge genutzt, ebenso oft allerdings auch lange Textpassagen, in denen ihre Sätze verschlungen sind und sich über ganze Absätze ziehen. Das mag eine Kunst sein, aber doch wirken solche Bandwurmsätze sehr ermüdend und erschweren einem das Lesen erheblich.

Pfarrer Don Ermete ist mehr eine ruhige Figur, er erzählt in Rückblicken, in der Vergangenheitsform, er versucht, alles für sein Dorf zu tun und scheitert dabei. Seine Erzählweise ist strukturierter, nicht so chaotisch und sprunghaft. Er wiederholt sich sehr oft, verleiht seinen Worten Gewicht, indem er immer und immer wieder das Gleiche erzählt - leider wirkte das auf mich nur ermüdend und als wollte Veronesi krampfhaft versuchen, seinem Buch noch mehr Seiten zu geben. Mir hat sich partout nicht der Sinn dahinter erschließen wollen, alles immer dreifach zu erklären.

Wer wie ich spannende Ermittlungsarbeit und ein vor Spannung nur so strotzendes Buch erwartet, wird spätestens ab Seite 50 feststellen, dass dem nicht so ist. Trotzdem bleibt die Hoffnung. Vielleicht, ja, vielleicht kommt ja noch der Knüller? Doch es dümpelt alles so dahin, kommt nicht vorwärts, die Figuren treten auf der Stelle, die Handlung ebenfalls. Das Einzige, was dem Leser berichtet wird, sind die verschiedenen Todesursachen, die Namen und einige winzige kaum ins Gewicht fallende Details. Diese Dinge haben mich für etwas 20 Seiten bei Laune gehalten und mich darüber nachdenken lassen, was denn passiert sein könnte...bis alles wieder in diese Eintönigkeit zurückgekehrt ist.

Ich denke, ich kann mit Fug und Recht behaupten, dass in diesem Buch nichts passiert. Giovanna und Don Ermete unterhalten sich mit den Dorfbewohnern, ohne etwas in Erfahrung zu bringen. Es wird nur klar, dass die meisten nicht mehr ganz bei Sinnen sind, wodurch es zwei-, dreimal zu kleinen Zwischenfällen kam, die aber nichts weiter mit dem eigentlichen Plot zu tun hatten. Dieser rückt nämlich von Seite zu Seite mehr in den Hintergrund, ich hatte zum Teil das Gefühl, Veronesi hat ganz vergessen, dass es eine Geschichte gibt, von der das Buch handelt, und einfach drauf losgeschrieben. Das war für mich sehr frustrierend, weswegen ich auch wirklich ewig gebraucht habe, um zum Ende kommen.

Ab Seite 320 nimmt die Geschichte endlich ein kleines bisschen Fahrt auf, die Psychologin und der Pfarrer setzen sich zusammen, wollen nun endlich herausfinden, was geschehen ist und weshalb - und diskutieren letztendlich doch wieder nur über Glaube und Nicht-Glaube, über Gott, über Satan, über ihre Vergangenheit, die er auch noch verschweigt, womit der Leser in der Luft hängen gelassen wird. Das Werk hat einfach keine Auflösung - das einzige, was dabei herauskommt, ist die Aussage, dass das alles sowieso nicht aufgelöst werden kann. Da fühlte ich mich wirklich hintergangen - denn es ging mir schließlich darum, zu erfahren, was geschehen ist! 

Ich weiß im Grunde gar nicht so Recht, was ich zu diesem Buch noch sagen soll, weil ich einfach so absolut unterwältigt bin. Ich frage mich wirklich, wie der Autor es geschafft hat, bei einem solchen Plot und so viel Spielraum eine Langeweile bei mir zu erzeugen, die mit nichts zu vergleichen ist. Enttäuschter kann man nach der Lektüre eines Buches eigentlich kaum sein, vor allem, wenn man sich so darauf gefreut hatte.

Fazit:
Eine leider eher falsche Vermarktung hat bei mir zu Erwartungen geführt, die das Buch einfach nicht erfüllen konnte. Meiner Meinung nach strotzt es nur so vor Langeweile und einer unausgereiften Umsetzung. Da das Ende auch mehr als unbefriedigend war, gibt es von mir leider nur 1 1/2 Punkte.


Das Buch auf der Verlagswebsite: Klick

Meinen herzlichen Dank trotzdem an 


und

klett-cotta.de

  7 Kommentare:

  1. Hi Sonne, gute Rezension, jetzt kann ich mir unter dem Buch endlich etwas vorstellen und werde es mir wohl nicht besorgen. Und noch was: Siehst du "Roller Girl" im Kino? Als "Whip it" hab ich den Film schon vor zwei Jahren hier bei uns im Kino gesehn?! O.o Komisches Deutschland :D

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  2. aber übrigens, der Film ist gut :D Und ich hab mit dir mal kurz über ihn in einer hsw-PN geredet! :D (Dass wir uns schon so lang kennen! O.o)

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  3. oh gott, ich hab grad nachgeguckt, der kommt wirklich erst JETZT nach Deutschland ins Kino!? :D :D :D Ich hab mich letzte Woche schon gewundert, weil du bei Zitate raten auf FB teilgenommen hast, und da kam das Zitat vor. Das mit Helden und Barbies ^^
    PS: Sorry für die vielen Kommis! :P

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  4. @Lotti:
    Oh, vor ZWEI JAHREN? Bist du dir ganz sicher? Ist ja krass O.o Aber ich dachte mir schon, dass der gute ist, schließlich ist er mit Ellen Page ;)

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  5. Du bist ja alles andere als begeistert. Hab auch sonst nur schlechte Meinungen dazu gehört. Daher werd ich es eher nicht lesen.

    Lg, Diti

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  6. jaa, ganz sicher, in Französisch habe ich darüber zu der Zeit ne Filmkritik geschrieben :D
    Ps: Uuund mit Drew Barrymore. Ahh ich liiiebe den Film! :D

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  7. Vielen Dank für die Rezi! Ich habe schon überlegt ob ich mir das Buch holen soll, da es sich wirklich nach einer spannenden Geschichte anhört. Dank deiner Rezension werde ich nun aber die Finger davon lassen!

    LG, Katie (nuepsi.blogspot.com)

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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