Back Down to Earth


[Buchrezension] Die längste Nacht - Isabel Abedi

Draußen stand Luca. Ich sah ihn nur als dunkle Schattengestalt und er sagte nicht mehr als zwei Sätze.
"Es wäre gut, wenn ihr morgen früh vom Grundstück verschwunden seid. Und Vita, triff mich morgen Nachmittag um halb fünf in Viagello, gegenüber von dem kleinen Lebensmittelladen an der Mauer - allein."
Ehe ich etwas erwidern konnte, tauchte er zurück in die Nacht. Wenige Sekunden später hörte ich, wie der Motor seines Fiats ansprang und über die Schottersteine an unserem Bulli vorbei das Grundstück verließ.

INHALT
Nach dem Abitur macht sich die 17-jährige Vita mit zwei Freunden zu einem lange geplanten Roadtrip durch Europa auf - doch sie hätte nie gedacht, dass ihre Reise schon in dem kleinen Ort Viagello enden würde. Denn dieser birgt ein Geheimnis, das irgendwie mit ihrer Familie zusammenhängt und dem, was sie vor 13 Jahren zerstört hat. Vita beginnt Fragen zu stellen, doch diese reißen alte Wunden wieder auf. Und schon bald sieht sie sich mit Widerwillen und Feindseligkeit konfrontiert...

MEINE MEINUNG
7 lange Jahre mussten Fans von Isabel Abedis Jugendromanen auf einen neuen warten - aber für "Die längste Nacht" hat sich das durchaus gelohnt. Wie immer gelingt es der Autorin, eine realistische und doch faszinierende Geschichte zu erschaffen, die insbesondere zwischenmenschlich überzeugt. Der Stil ist flüssig und passt atmosphärisch perfekt zu diesem niedlichen Ort im sonnigen Italien, der auch seine dunklen Seiten hat. Erzählt wird das Buch fast ausschließlich aus der Ich-Perspektive der Protagonistin, zwischenzeitlich kommt aber auch der Verfasser eines mysteriösen Manuskripts zu Wort.

Vita ist eine wunderbare Identifikationsfigur, deren Gedanken und Handlungen man in fast jedem Moment nachvollziehen kann. Sie will stark sein und sich nichts anmerken lassen, aber sie ist auch verletzlich durch die unausgesprochenen Dinge ihrer Vergangenheit. Leider konzentriert sie sich zum Ende hin ein wenig zu stark auf die Lösung des Rätsels und vernachlässigt ihre Freunde enorm - das ändert sich aber zum Glück wieder. Luca ist der ebenfalls sehr sympathische Love Interest, familienverbunden und liebevoll ist er immer für Vita da und sein starkes Bewusstsein für richtig und falsch gibt ihm immer wieder einen Stups in die richtige Richtung. Großartige Charaktere sind auch Vitas Freunde Danilo und Trixie, die so unterschiedlich sind und sich in ihren besonderen Merkmalen - die eine sehr aufgedreht, der andere sehr besonnen - perfekt ergänzen. Jede Nebenfigur hat ihre besonderen Eigenschaften, sodass man sie trotz ihrer Fülle alle sehr gut auseinander halten kann.

Wer auf einen Roadtrip gespannt ist, ist bei diesem Roman allerdings falsch: Auch wenn Vita deswegen überhaupt erst nach Italien kommt, ist die Reise doch sehr schnell wieder vobei -  denn letztendlich dreht sich alles darum, das Geheimnis zu lüften und endlich das große Ganze zu erkennen. Das hat mir ziemlich gut gefallen, da ich kein großer Fan von Roadtrips bin, und Viagello als Ort das Geschehens hat sowieso so viel Atmosphäre und wirkt so warm und vertraut, dass man gar keine weiteren Städte braucht. Vita auf ihrer Sucht nach der Wahrheit zu begleiten, ist  fast durchgehend spannend wie auch mitreißend, und ihr unbändiger Drang nach dem Wissen über die Geschehnisse vor 13 Jahren geht bald auch auf einen selbst über, sodass das Ganze nicht mehr loslässt.

Die Liebesgeschichte zwischen Luca und Vita ist ebenso schön zu lesen, und die schnelle Anziehung zwischen den beiden erklärt sich sinnvoll. Besonders gut gefällt hier, dass sich die Romantik trotzdem langsam entwickelt und sich nie in den Vordergrund drängt. Zum Ende hin werden dann alle Fäden zusammengeführt, die letzten Fragen geklärt und auch, wenn man ein bestimmtes Geheimnis schon erahnt hat, wird dieses ebenso glaubwürdig aufgelöst. Die tragischen Hintergründe und ihre Tragweite bleiben noch lange im Gedächtnis - ebenso aber auch die schönen Momente, in denen es um Selbstfindung, Vertrauen und Vergebung ging. Der Schluss lässt einen mit einem warmen Gefühl und dem Vertrauen auf eine schöne Zukunft zurück - ein würdiges Ende für einen besonderen Roman.

FAZIT
Isabel Abedis neuestes Werk dreht sich wieder einmal um ein altes Geheimnis, um eine junge Liebe und um Selbstfindung, und ist dabei doch auch wieder ganz anders als ihre vorherigen Bücher - ihre Geschichten sind einfach immer etwas Besonderes. "Die längste Nacht" ist atmosphärisch, manchmal traurig und manchmal sehr schön, und insgesamt sehr lesenswert. Gute 4 Punkte!


Titel: Die längste Nacht
Originaltitel: -
Reihe: Nein
Autor: Isabel Abedi
Übersetzer: -
Verlag: Arena
Seitenzahl: 400 Seiten
ISBN-13: 978-3-401-06189-4

  1 Kommentar:

  1. Na das hört sich ja gut an bei dir! Ich mochte "Lucian" von Frau Abedi sehr sehr gerne und bin gespannt auf ihr neues Buch. Es wird sicherlich noch bei mir einziehen, aber erst einmal muss ich bisschen an meinem Sub arbeiten^^

    Dankeschön für die Rezi, da bekommt man richtig Lust das Buch gleich zu bestellen. Aber ich muss mich zurückhalten :P

    Liebe Grüße
    Tina

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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