Back Down to Earth


[Serienrezension] Sense8



"Die wirkliche Gewalt, die Gewalt, von der ich gemerkt habe, dass sie nicht zu verzeihen ist, ist die Gewalt, die wir uns selbst antun, wenn wir Angst davor haben, wir selbst zu sein."

STORY
Acht Menschen auf der ganzen Welt erleben zeitgleich einen Moment des Erwachens: In einer Vision erfahren sie von einer Frau, die ihnen ein neues Bewusstsein gibt - und dann Selbstmord begeht, um sich vor einem gefährlichen Mann zu retten. Von nun an sind die vier Frauen und vier Männer untrennbar miteinander verbunden. Sie fühlen einander, sie kennen einander, ohne sich je begegnet zu sein. Aber sie sind auch in großer Gefahr, denn der Jäger ist nun ihnen auf den Fersen...

MEINE MEINUNG
"Sense8" ist etwas noch nie Dagewesenes. Das ist einem vom ersten Moment an klar, als man die gleiche Szene durch acht verschiedene Paar Augen erlebt und doch immer wieder etwas Neues sieht. Es wird einem immer bewusster, je besser man die unterschiedlichen Figuren mit ihren Träumen, Wünschen und Ängsten kennen lernt. Und man will es nie mehr vermissen, wenn man sich, ohne es wirklich aktiv zu bemerken, Hals über Kopf in diese Serie verliebt hat.

Ja, sie beginnt langsam. Mit einer Einführung der Charaktere und ihrer Lebenssituationen, mit ersten Indizien auf die neue Verbindung, die aber noch niemandem wirklich klar ist. Die Ausgangssituation wird geschaffen, und dabei schleichen sich ein paar kleinere Längen ein. Aber schon zu diesem Zeitpunkt wird deutlich, wie anders das Ganze auch ist: Die Schnitte von einer Person zur anderen, die in diesem Moment, obwohl auf verschiedenen Kontinenten, doch so ähnlich empfinden. Nasskalter deutscher Regen auf der Haut, obwohl es im eigenen Land, in Indien, heiß und trocken ist. Die Stimmen und Gedanken von Menschen im Ohr, die man nicht kennt, deren Sprache man nicht spricht und die man doch so gut versteht. Das alles entwickelt einen Sog, der schnell nicht mehr zu bremsen ist.

Sun und Capheus begegnen sich zum ersten Mal
Dazu tragen auch die Schauspieler bei - diese eher unbekannten Darsteller, die mit einer solchen Hingabe, mit einem solchen Herzblut spielen, dass einem ganz warm wird. Die Diversität ist unglaublich: Schwul, transgender, afrikanisch, europäisch und, und, und - das alles ist dabei und spielt doch auch wieder keine Rolle. Es macht für die Figuren keinen Unterschied, denn sie gehören zueinander, sie sind nicht nur ein "ich", sie sind ein "wir". Die kämpferische Sun (Doona Bae), die unschuldige Kala (Tina Desai), der herzensgute Capheus (Aml Ameen, ab Staffel 2 Toby Onwumere), die tieftraurige Riley (Tuppence Middleton), der beschützerische Will (Brian J. Smith), der draufgängerische Wolfgang (Max Riemelt), die quirlige Nomi (Jamie Clayton) und der sensible Lito (Miguel Ángel Silvestre) - sie stehen füreinander ein wie eine Familie und berühren damit zutiefst.

Natürlich darf aber die Spannung nicht fehlen und diese kommt spätestens ab Folge 4 auf und zwar gewaltig. Es gibt nicht viele Antworten, aber die wenigen zeichnen ein düsteres, tödliches Bild, das keine frohe Zukunft verheißt. Die Verbundenen sind in Gefahr, gejagt von einem Mann, der sie alle vernichten möchte. Dass sie sich nur gemeinsam gegen ihn zur Wehr setzen können, macht den Reiz aus: Denn ohne, dass sie wirklich da sind, begleiten sie einander - schlüpfen in den Körper des jeweils anderen und geben ihre Fähigkeiten weiter, um zu helfen. Die Schnitte, die Sprünge sind genial und absolut atemberaubend, ohne dabei zu verwirren. Bis zum Schluss dieser furiosen ersten Staffel bleibt vieles offen, aber damit gibt es auch genug Stoff für die noch kommenden Folgen. Und nach dem Ende und dem wunderschönen Weihnachts-Special als Fan-Geschenk kann die Zeit bis zum Mai gar nicht schnell genug herum gehen.

FAZIT
Das Konzept von "Sense8" ist ein so anderes, ein so besonderes, dass es seine Zeit braucht, bis man sich darauf eingelassen hat. Ich konnte - und wollte - aber bereits nach kurzer Zeit nicht mehr verhindern, dass sich diese schmerzvolle und doch wunderschöne Geschichte in meinem Herzen einnistet. Ich liebe jeden einzelnen Charakter und ich liebe jede einzelne Szene. Sehr gute 4,5 Punkte, die in Staffel 2 locker zu 5 werden können.

 
FUN FACT
Insgesamt haben vier Regisseure bei der Serie Regie geführt, wobei diese sich auf bestimmte Städte fokussiert haben. Die Wachowskis waren für die Szenen in Island, London, Chicago und San Francisco zuständig, James McTeigue für die in Mexiko und Mumbai, Dan Glass führte Regie in Seoul und Tom Tykwer in Berlin und Nairobi.

  10 Kommentare:

  1. Ich habe schon so viel gutes von der Serie gehört und möchte sie auch auf jeden Fal gucken. Doch mich schreckt die Länge von der ersten Folge ab. Schließlich ist diese über eine Stunde oder so lang. Bisher konnte ich diese Länge nur bei "Sherlock" BBC aushalten.
    Lg,
    Lele von lifeofaboredgirl.wordpress.com

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    1. Ich würde sagen, du musst dich wirklich nicht von der Länge abschrecken lassen. Filme gehen ja auch immer mindestens anderthalb Stunden ;) Die ersten ein bis drei Folgen dienen stark der Einführung, aber besonder zu Beginn geht es gleich richtig los. Ich würde dir definitiv raten, es auszuprobieren, denn es lohnt sich wirklich!

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  2. Ich fand "Sense 8" auch so unglaublich genial!
    Hab die Serie vor ein paar Wochen angefangen und innerhalb weniger Tage durchgesuchtet! Vor allem die Kameraschnitte waren einfach klasse, ebenso wie die Schauspieler!
    Ich hoffe, dass die zweite Staffel ganz schnell kommt! :)

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    1. Ich bin total froh, dass es dir genauso wie mir erging! Ich hab ehrlich gesagt zwischen den Feiertagen eine Pause gemacht, aber danach habe ich die letzten 7 Folgen auch beinahe in eins durchgeschaut. Dieser Sog ist unglaublich!
      Im Mai ist es ja soweit, das ist ja nicht mehr so lange :D

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  3. Ich freu mich auch schon richtig darauf, die Serie weiterzugucken. Hab bisher die ersten vier Folgen gesehen und finde zwar auch, dass es sehr langsam beginnt, aber bin auch jetzt schon begeistert von den verschiedenen Figuren, der Diversität und vor allem von den genial geschnittenen Themen, wenn die Figuren sich begegnen. Die Sun-Capheus-Kampfszene *_*.

    LG :),
    Charlie

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    1. Schön, dass du die Serie magst und nicht gleich aufgegeben hast! Das Ganze braucht wirklich seine Zeit, da hab ich auch länger gebraucht - aber sobald man drin ist, kann man sich nicht mehr davon fernhalten. Diese Kampfszenen finde ich auch immer wieder großartig, wie sich die einzelnen Fähigkeiten ergänzen. Ich hoffe, dir gefällt der Rest auch so gut wie mir!

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  4. Okay, ich hatte eigentlich das Gefühl, dass Sense8 nicht so mein Geschmack wäre, aber da ich von dir und vielen anderen so viel Gutes höre, werde ich mir die Serie demnächst vielleicht doch mal ansehen :) Das Konzept klingt definitiv spannend!

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    1. Ich hoffe sehr, dass du auf mich und die "vielen anderen" hörst :P Die Serie lohnt sich wirklich und ich kann mir bei dir eigentlich auch gut vorstellen, dass du sie magst! Schön allein wegen der vielen großartigen Figuren ;)

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  5. Kia ora, Ra.
    Vordergründig fällt genehm ins Auge, dass die vorgegebenen Locations nicht simuliert werden (wie beispielhaft in "Alias" ��). Anmerkenswert auch, die beteiligten Regisseure insgesamt mit jeweiligen Städten zu verbinden - nicht mit Episoden.
    Und in der Tat interessiert mich, zum ersten Mal seit 'The International', wieder ein Projekt Tom Tykwers. Nicht zu vergessen, daß die Prämisse, wie thematischen Inhalte, anzumerken wissen. Weniger jetzt der SF-Plot um die Cluster, als der Blick in zeitgenössische Gesellschaften & deren Umgang mit ethischer/sozialer Evolution. Hier gehen die Wachowski-Schwestern den eigentlichen Sinnkern von Science Fiction an; entschieden mehr als im gern abgefeierten (aber hohlen) 'Matrix'je zu finden ist.

    "The OA" auf Deinem Radar!?

    bonte

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    1. Dass die Schauspieler tatsächlich in den Städten gedreht haben, in denen die Handlung spielte, fand ich auch großartig - und man hat es auch gemerkt. Island zum Beispiel wirkte so unfassbar bezaubernd.
      Toll, dass auch du Interesse daran hast. Es gibt zwar nicht viele Antworten auf das Warum und Wie, aber die Atmosphäre und die Fähigkeiten, die so unterschiedliche Kulturen verbinden, sind einfach großartig.

      "The OA" habe ich natürlich auch kurz nach Erscheinen durchgesuchtet und sie hat mir sehr gefallen! Ein bisschen zu esoterisch teilweise, aber auch sehr besonders und Jason Isaacs als Bösewicht war einfach wieder genial!

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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