Back Down to Earth


[Buchrezension] Exkarnation: Krieg der Alten Seelen - Markus Heitz

Das Martinshorn setzte ein, das Fahrzeug beschleunigte rasch. Der Fahrer drosch die Gänge in schneller Folge hinein. 
"Zieh hinfort, unwillkommene Seele", sagte Artjom zu ihr. "Du hast genug Schaden angerichtet."
Ein heftiger Einschlag traf den Rettungswagen abrupt von der rechten Seite. Dann kippte das Auto langsam nach links - und mit ihm alles, was sich darin befand.

INHALT
Claire stellt sich auf einen schönen Nachmittag ein, als sie vom Fenster ihres Cafés aus beobachtet, wie ihr Mann von jemandem mit einer Waffe bedroht wird. Ohne nachzudenken läuft sie nach draußen, um ihm zu helfen - und wird von einem Auto erfasst. Sie ist sofort tot, doch ihre Seele weigert sich, zu gehen und fährt daher in den Körper von Lene von Bechstein ein, die sich in diesem Moment selbst umgebracht hat. Genau dieser Körper war allerdings für jemand anderen vorgesehen, und so entbrennt von nun an ein Kampf, zwischen dessen Fronten Claire völlig unvorbereitet gerät...

MEINE MEINUNG
"Exkarnation" ist Markus Heitz' neuester Roman, der sich zwar mit dem Thema der Seelenwanderung beschäftigt, einem bisher von ihm noch unangetasteten, dieses jedoch mit den vorhergegangenen Werken wie den "Kindern des Judas" verbindet. So trifft man nicht selten auf alte Bekannte, was das Lesen sehr interessant macht. Wie immer wird kein Blatt vor den Mund genommen, die Fakten kommen klar auf den Tisch, die Beschreibungen sind mal brutal und erschreckend, mal detailreich und erklärend - eine Art, die ich persönlich an den Büchern des Autors sehr schätze.

Claire ist eine ältere Frau, die ein Leben nach ihren Vorstellungen gelebt hat - nicht verwunderlich also, dass sie sich hilflos und verlassen fühlt, nachdem sie alles verloren hat. Sie ist jedoch eine starke Persönlichkeit, die nicht nur von der Rache an den Mördern, sondern auch von ihrer Liebe sowohl zu ihrer alten als auch ihrer neuen Familie getrieben wird, was sie zu einer Identifikationsfigur macht. Klischeehafter angelegt ist da leider Widersacher Dubois - gefährlich und irgendwie auch anziehend, aber einigermaßen nichtssagend, weil er doch größtenteils die gleichen Pläne verfolgt wie alle Bösewichte in Literatur und Film. Interessanter ist es da, dem altbekannten Eric wieder zu begegnen, der die Sache mit der Seelenwanderung von einer anderen Seite angeht als Claire und immer wieder in starke Bedrängnis gerät. Die Charaktere sind überwiegend gut ausgearbeitet und viele besitzen Wiedererkennungswert, gleichzeitig sind es jedoch auch so viele, dass man zwischendurch doch leicht mal den Überblick verliert.

Die Story beginnt auf jeden Fall sehr spannend. Schon nach kurzer Zeit geschieht der verheerende Doppelmord an Claire und ihrem Mann, und danach ist in ihrem Leben nichts mehr so wie es war. Sie muss sich arrangieren, mit einer neuen Familie, Feinden und einer Organisation, bei der sie nicht weiß, ob sie ihr trauen kann oder nicht. Doch Claire ist lange nicht die einzige Erzählerin. Zwei bis drei Mal pro Kapitel wechselt die Perspektive, sodass so gut wie jede der Figuren mehr als einmal zu Wort kommen darf, auch die Bösewichte. Das ist bei einigen sehr interessant, beispielsweise, wenn man Eric auf seinen Missionen begleitet oder mehr über einen geheimnisvollen Mann auf seinem eigenen Rachefeldzug erfährt, manche Charaktere sind jedoch auch äußerst uninteressant. Dubois zum Beispiel, dessen Ausarbeitung schon recht klischeehaft ist, steuert in seinen Parts nicht viel Spannendes bei und führt beim Leser so nur zu Langeweile.

Dafür versteht es Markus Heitz äußerst gut, immer wieder überraschende Wendungen einzubauen, die einiges schon gelesenes auf den Kopf stellen. So weiß man zum Beispiel nie genau, woran man bei einzelnen Personen ist, kann sich manches erst nur zusammenreimen, um es dann bestätigt oder widerlegt zu sehen. Allerdings funktionierte für mich das Prinzip der Seelenwanderung nicht in allen Belangen - zum Beispiel in Hinsicht auf die Gaben, die die Wanderer erhalten: Woher kommen diese und weshalb sind sie so unterschiedlich? Auch ansonsten bleiben zum Ende hin einige Fragen ungeklärt, doch genau dafür wird es wohl mindestens einen zweiten Teil geben. Und das ist auch gut so, denn der Cliffhanger weckt starkes Interesse am letztendlichen Ausgang der Geschichte.

FAZIT
Markus Heitz' neuester Roman "Exkarnation" spielt wieder einmal in der Welt, in die der Leser schon in einigen anderen Werken eintauchen durfte, geht dieses Mal jedoch auch auf die Entstehung aller bekannten Wesen ein. Die Story ist durchdacht und überwiegend interessant, die Perspektivenwechsel sind allerdings ein paar zu viele. Durch offen gelassene Fragen und Geheimnisse ist der Folgeband aber beinahe schon Pflicht. Sehr knappe 4 Punkte für ein lesenswertes Buch!



Titel: Exkarnation
Originaltitel: -
Autor: Markus Heitz
Übersetzer: -
Verlag: Knaur
Seitenzahl: 608 Seiten
ISBN-13: 9783426516232



  3 Kommentare:

  1. Salut, Sonne.
    Wenn ich bei Dubois raten dürfte, wird er, den Schnurbart elegant zwirbelnd, die Weltherrschaft anpeilen. Wahlweise auch Dimensionen darüber oder darunter.

    Die Gimmicks für die Wanderer gibt es wohl an der Ausgabe für Sonderzubehör.

    Wo soll das nur enden - ich kalauere!

    bonté

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  2. Hmm also ich habe schon ein paar Bücher von Markus Heitz gelesen. Doch sein letztes Buch, das ich gelseen habe, "Oneiros" war dann nicht mehr ganz so meins. Vom Inhalt her scheint es wieder in eine ähnliche düstere Richtung zu gehen und spricht mich nicht so wirklich an.

    Aber dennoch lieben Dank für deinen Eindruck ;P

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  3. @RoM:
    Du musst Hellseher sein! Das ist in etwa genau das, was Dubois gemeinsam mit seinem Gesocks plant. Und die Guten planen das mehr oder weniger auch. Die Weltherrschaft ist eben recht verlockend, das kann man nicht verleugnen. [Einen Schnurrbart hat er allerdings glaube ich nicht. Yay, immerhin.]
    Na mal sehen, vielleicht wird das mit den Gaben ja auch noch aufgelöst...

    @Tina:
    Ich hatte vor "Exkarnation" auch schon ganz ewig keinen Heitz mehr gelesen, und sein Stil gefällt mir ja immer sehr. Ich mag's ja sehr gerne auch düster, ein bisschen gruselig, vielleicht etwas mysteriös. Solange das aufgelöst wird. Hoffentlich geschieht das noch.
    Manchmal soll es halt nicht sein - daher bitte, gerne, immer zur Hilfe bereit :D

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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