Back Down to Earth


[Filmrezension] Silver Linings

"Warum hast du Tee bestellt?" - "Weil du 'n Müsli bestellt hast." - "Ich habe Müsli bestellt, damit man das hier auf keinen Fall für ein Date halten kann." - "Es kann aber auch ein Date sein, wenn man ein Müsli bestellt!"

STORY
Als er seine Frau mit einem Kollegen unter der Dusche erwischt, rastet Pat Solitano aus und prügelt den anderen Mann fast zu Tode. Nach Monaten in der Nervenheilanstalt will er die Scherben seines Lebens aufsammeln und seine Frau wiedergewinnen - obwohl er sich ihr nur noch auf 150 Meter nähern darf. Die nach dem Tod ihres Mannes mental nicht minder labile Schwester der Frau seines besten Freundes verspricht Pat, sie könne den ersehnten Kontakt herstellen - doch erst muss er ihr im Austausch bei einem Tanzwettbewerb beistehen, obwohl er noch nie getanzt hat...

MEINE MEINUNG
Tragikkomödien gibt es zuhauf und selten genug können diese mittlerweile noch überzeugen. "Silver Linings" verfolgt hier ausnahmsweise mal einen anderen Ansatz - wie so oft haben die Protagonisten zwar jemanden verloren, beide sind jedoch psychisch labil und heben sich so ab. Eindeutige Hauptfigur ist Pat, der um seine Frau kämpfen will und dabei nicht sieht, in was er sich da verrannt hat. Gegenstück bildet Tiffany, ebenfalls instabil, ebenfalls depressiv. Ihr Mann ist tot und sie versucht, die Leere mit willkürlichen Affären zu füllen. Das ändert sich, als sie Pat trifft...

Bradley Cooper kann den Film - überraschenderweise nach der Auswahl einiger der letzten Rollen - tatsächlich tragen. Er stellt den zu sich findenden Pat wunderbar dar, der eine bipolare Störung und damit zu kämpfen hat. Er wird zwischenzeitlich gewalttätig, ist aber ansonsten fröhlicher als früher und besitzt eine ungeheure Antriebskraft, weil er ein Ziel vor Augen hat. Coopers Mimik ist da äußerst passend, besonders in den schönen Momenten, in denen sein Gesicht regelrecht strahlt. Jennifer Lawrence wirkt hier manchmal relativ teilnahmslos und eher kühl, dies liegt allerdings an ihrer Rolle. Tiffany ist abweisend, aber gleichzeitig aufmüpfig, frech und absolut ehrlich, was sie einen schnell ins Herz schließen lässt. Besonders in den wütenden Szenen jedoch kann die Schauspielerin zeigen, was in ihr steckt.

Robert de Niro als neurotischer Vater mit einem Hang zum Aberglauben und einer Vorliebe für Wetten und Football ist unheimlich witzig und gibt dem Film einen weiteren Auftrieb - mit seiner Hilflosigkeit und gleichzeitig seiner Idee, Pat wäre sein Glücksbringer ist er wunderbar anzusehen. Aber auch Julia Stiles als Tiffanys strenge, große Schwester, Anupham Kher als unterhaltsamer indischer Psychologe oder John Ortiz als Pats bester Kumpel, der Probleme in der Ehe hat, können vollständig überzeugen und lassen ihre Rollen wie Personen aus dem wirklichen Leben erscheinen.

Eine "Tragikkomödie" im herkömmlichen Sinne ist der Streifen eher nicht. Er ist weder durchgehend komisch noch durchgehend traurig und hält eine überwiegend gute Balance. Anders als sonstige Filme des Genres hat er auch keine übertrieben dramatische Wendung, was gut gefällt. Die Szenen, in denen Pat von Tiffany verfolgt wird und die, in denen die beiden gemeinsam tanzen, vermitteln ein wunderbares Gefühl und machen es dem Zuschauer leicht, ganz im Film zu versinken. Selbst in den normalsten Momenten - wenn sich die beiden zum Beispiel unterhalten - ist man voll dabei und würde ihnen am liebsten die ganze Zeit über zuhören. Die Chemie zwischen den Protagonisten beziehungsweise den Schauspielern stimmt komplett, weswegen es auch nicht schwer ist, die Anziehung nachempfinden zu können.

Die Geschichte selbst ist in vielerlei Hinsicht neu - allein schon durch die psychisch extrem labilen Hauptcharaktere und einige verschiedene Probleme - gleichzeitig bedient sich der Film leider aber auch einiger Klischees. Wie das im Laufe der Handlung immer wieder sogenannte "Tanzding" ausgehen wird, ist schnell klar, ebenso wie der Schluss. Der Zuschauer hat unweigerlich das Gefühl, dass sich Regisseur und Drehbuchschreiber David O. Russell nicht zum entscheidenden und den Film völlig von der breiten Masse abhebenden Schritt getraut hat. So ist der Schluss leider sehr vorhersehbar und doch auch ein bisschen wie Zuckerguss. Besonders weit zieht das den Film aber nicht herunter, denn sehenswert und zum Wohlfühlen ist er immer noch.

FAZIT
"Silver Linings" ist eine Tragikkomödie, die eine fast perfekte Balance besitzt zwischen Tragik und Komik, zwischen Dramatik und Glaubwürdigkeit. Die Schauspieler agieren wunderbar, der Humor ist gut eingesetzt und die Story selbst besitzt einige gute Aspekte. Nur das leider sehr klischeehafte Ende verwehrt dem Film eine richtig gute Bewertung. So bleibt es bei 4 Punkten und einer Empfehlung für Liebhaber von schönen Feel Good-Movies mit tragischen Aspekten.



  9 Kommentare:

  1. Oh den Film möchte ich auch gerne noch sehen, aber ich weiß nicht ob ich es zeitlich schaffe...! Auf DVD wird er dann aber auf jeden Fall ein Muss!

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  2. Wie immer eine tolle Rezension, liebe Sonne =)
    Ins Kino werde ich es leider nicht mehr schaffen, aber der Film steht auch schon auf meiner DVD-Wunschliste!
    Dafür habe ich mir "Pitch Perfect" angesehen und teile deine Meinung mal wieder ;-)

    Liebe Grüße
    Charlie

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  3. Den Film möchte ich mir auch gerne noch anschauen, mal sehen, ob ich es schaffe während der Lern- und Prüfungsphase noch mal ins Kino zu kommen.

    Schöne Rezi jedenfalls. :-)

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  4. hab den film auch vor 2 wochen gesehen und fand den gut. wär hät gedacht, das bradley cooper auch was anderes als komödien spielen.

    obwohl in ohne limit war er auch sehr gut^^

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  5. Schöne Rezension. Ich hätte nach den ganzen Oscarnominierungen gedacht, du würdest die volle Punktzahl geben, aber du begründest deine Meinung gut. Ich werde mir den Film wahrscheinlich auf DVD holen, da ich irgendwie Jennifer Lawrance Fan bin und all ihre Familie haben will :-)

    Liebe Grüße, Diti

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  6. @Katie:
    Der Film ist einen Kinobesuch sicherlich wert - allerdings auch kein Muss. Auf DVD solltest du ihn dir aber ansehen, ich könnte mir gut vorstellen, dass er auch dir gefällt ;)

    @Charlie:
    Danke dir, wie immer! Freut mich, dass ich dir Lust drauf machen konnte - auf DVD solltest du dir den Film anschauen, er ist den Kauf wirklich wert ;)
    Und ich bin begeistert, dass dir "Pitch Perfect" ebenso gefallen hat wie mir! Kommt da noch eine Rezension zu?

    @Lucy Montrose:
    Danke dir für das Kompliment! Ich hoffe für dich, dass du es schaffst, den Film noch zu sehen - sehenswert ist er definitiv. Ansonsten ist eine Investition in eine DVD aber sicherlich auch nicht verkehrt ;)

    @cupcatz:
    Also von Bradley Cooper halte ich persönlich eigentlich recht viel - wie du schon sagst, in "Ohne Limit" ist er toll, ebenso auch in "New York, I love you". Es freut mich, dass dir der Film ebenso gefallen hat!

    @Diti:
    Einige der Nominierungen hat der Film durchaus verdient - besonders Jennifer Lawrence, die klasse ist. Das Drehbuch finde ich allerdings nicht so überragend, dass es einen Oscar verdient hätte, dafür ist das Ende zu vorhersehbar.
    Insgesamt ist der Streifen aber wirklich schön und sehenswert, wenn halt auch nicht umwerfend ;)

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  7. @Sonne
    Dann hole ich ihn mir auf jeden Fall ;-)
    Ja, die Rezi ist in Arbeit! Wird aber vermutlich so ähnlich ausfallen wie deine, weil wir -wie so oft- einer Meinung sind ;).

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  8. Hi, Sonne.
    Vermutlich hat der Film deshalb sein Zuckergußende abbekommen, weil er für die Staaten konzipiert ist. Und dort laufen die Macher immer mit der Angst im Nacken herum, das normierte Publikum könnte verschreckt werden. Also keine Experimente mit einen realistischen Ende.

    Trotzdem, ein Film, wie für mich gedreht(ich mag Julia Stiles!). Nur, daß er in meiner Gegend nicht läuft...

    Tragikomödien mit ohne gesüßtem Ende?! Wie wäre es mit 'Mozart & The Whale'... ;-)

    bonté

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  9. @Charlie:
    Find ich gut - ich liebe es, wenn ich andere zu etwas überreden kann :D Und ich bin gespannt auf deine Rezension!

    @RoM:
    Natürlich, dass das Ende möglichst an den Mainstream angepasst wurde/werden musste, ist mir klar. Schade ist es dennoch. Manchmal/Oft können schließlich auch die unkonventionellen Filme überzeugen.
    Julia Stiles ist auch hier wieder toll anzusehen, nur halt eine Nebenrolle. Ich könnte mir vorstellen, dass dir der Film gefällt - vielleicht kann er ja in einer nahen Stadt angesehen werden? ;)

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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