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[Filmrezension] Ziemlich beste Freunde

"Ich würde mir die Kugel geben." - "Das ist schwer für einen Querschnittsgelähmten." - "Richtig. Scheiße, das ist hart."

STORY
Der arbeitslose und frisch aus dem Knast entlassene Driss bewirbt sich pro forma als Pfleger beim querschnittsgelähmten reichen Erbe Philippe, um den Stempel für die Arbeitslosenunterstützung zu bekommen. Gegen jede Vernunft engagiert ihn der reiche Aristokrat, weil er spürt, dass dieser farbige Junge aus der Banlieue ihm nicht mit Mitleid begegnet. Statt mit dem Behindertenauto düsen die beiden bald mit dem Maserati durch Paris, rauchen Joints, laden schon mal zu einer Orgie ein. Beide respektieren sich, und Philippe gewinnt neue Kraft für das, was ihm vom Leben bleibt.

MEINE MEINUNG
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich mit französischen Filmen meist nichts anfangen kann, weshalb ich mir "Ziemlich beste Freunde" zuerst gar nicht ansehen wollte. Aber das wäre ein schwerer Fehler gewesen - gut, dass mich die vielen positiven Resonanzen überzeugen konnten!

Als Komödie würde ich den Film wahrscheinlich nicht bezeichnen, eher als Tragikkomödie. Philippe ist schließlich ab dem 4. Halswirbel abwärts gelähmt und kann so nur noch seinen Kopf bewegen. Es ist nur verständlich, dass der Lebensmut ihn mehr oder weniger verlassen hat. Erst der grade aus dem Gefängnis entlassene Driss verhilft ihm durch seine unverblümte Art zu neuer Energie...

Von Anfang an wird man von der Musik und den Bildern in den Bann gezogen. Anfangs wird vorgegriffen zu einer halsbrecherischen Autofahrt von Driss und Philippe, die beinahe in eine Verhaftung mündet. Ich war ein wenig verwirrt, aber danach geht der Streifen über zur Vorgeschichte. So fragt man sich die ganze Zeit, wann und wie es zu der Fahrt kommt.

Die Figuren sind alle wunderbar gezeichnet. Driss mit seinen Bomberjacken, den Jeans und Turnschuhen sowie einer lebensfrohen, beinahe schon aufgekratzten Art scheint so gar nicht in das herrschaftliche Haus von Philippe zu passen. Dieser sehnt sich nach jemandem, der ihn ohne Mitleid behandelt und einfach ein guter Freund ist - was sich daraus entwickelt ist einfach nur wunderschön anzusehen und hervorragend von Francois Cluzet und Omar Sy gespielt. Besonders ersterem gehört Respekt gezollt dafür, wie authentisch er es schafft, einen Querschnittsgelähmten darzubringen.

Doch auch die anderen Charaktere passen einfach nur perfekt zu all dem. Haushälterin Yvonne, die gute Seele des Hauses, die man sofort ins Herz schließt und von Anne Le Ny einfach nur glaubwürdig verkörpert wird und Audrey Fleurot als von Driss umworbene, aber eher zurückhaltende Magalie. Die Nebenfiguren stellen aber nie die beiden Hauptpersonen in den Schatten, die beiden hauchen dem Geschehen einfach das Leben ein.

"Ziemlich beste Freunde" ist umwerfend komisch, was man angesichts der Geschichte wohl eigentlich gar nicht erwarten würde. Ob Driss Philippe nun komische Bärte schert, dessen erogenen Zonen herausfindet oder die beiden ein Gespräch mit der Brieffreundin führen - der Humor kommt definitiv nicht zu kurz. Ebenso ist der Film aber auch unfassbar berührend, die ungleiche Freundschaft nimmt mit und lässt nicht mehr los, verzaubert einfach. Der klasse passende Soundtrack tut sein Übriges.

Langeweile kommt die gesamte Zeit über nicht auf, denn es ist einfach zu schön, den beiden zuzusehen und zu bemerken, wie Philippe aufblüht. Und auch wenn es zum Ende hin jedenfalls für mich so berührend wurde, dass ich glatt feuchte Augen bekam, so wird die Szenerie doch nie erdrückend, sondern bleibt lebensbejahend, witzig und tief bezaubernd.

FAZIT
Ich bin so, so, so froh, dass ich diesen Film gesehen habe! Mit seinen wunderbaren Charakteren, den guten Witzen und dem ernsten Hintergrund ist er einmal etwas richtig anderes, in dem alles harmoniert. Ich bin begeistert und vergebe 5 Punkte!



  5 Kommentare:

  1. und es ist nach einer wahren begebenheit :')
    Ich will den Film soooooo gern schauen :(
    Aber er läuft hier nicht...
    Und wie bitte, du kannst mir französischen filmen nichts anfangen? :O Welche hast du denn geschaut?
    Also "The Artist" ist wirklich gut, "Willkommen bei den Tchis (ich weiss nur nicht, wie man den namen richtig schreibt ^^) auch, solltest du aber auf Französisch schauen, "La Boom-die Fete" ist uwar ein bissel her, dass ich es geschaut hab, ist aber auch ganz gut und hmmm "Merry Christmas" ist zwar nicht nuur französisch, aber der ist auch schön, traurig, was auch immer.
    Alsooo, Fazit: mehr französische Filme schauen! :)
    Und schon, dass ich da unten beim GEwinnspiel den 2. Platz bekommen hab.Ich kenn die Schauspieler zwar nicht ^^, aber das sind dann meine ersten Schauspielerautogramme! :D

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  2. irgendwo da unten hast du dich auch gewundert, dass "Gefährten" für den Oscar nominiert ist. Aber ich finde, der Film hört sich wirklich gar nicht so schlecht an ;)

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  3. Ich möchte den UNBEDINGT schauen O.O

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  4. Den Film muss ich auch unbedingt schauen. Wenn sogar du die volle Punktzahl verleihst, dann ist es bestimmt was besonderes. Schöne Rezi.

    Liebe Grüße, Diti

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  5. Ich hab den Film auch gesehn und hab ihn auch sehr geliebt :)
    Der Film ist richtig schön :) Ich kann übrigens auch nichts mit französischen Filmen anfangen ^^ Sind zu dramatisch und traurig ^^ Ich glaube, der einzige französische Film, den ich bis zu Ende angeschaut habe, war "Die fabelhafte Welt der Amelie" obwohl ich den auch nicht sooo toll fand wie alle sagen ^^
    Ich werde mich jetzt mal weiter umschauen :) Mag nämlich deinen Blog sehr :D

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Die Bloggerin

Kittyzer, 22 Jahre alt, früher als Sonne bekannt. Gebürtige Niedersachsin, die für die Arbeit nach Rheinland-Pfalz gezogen ist. Schreibt über Bücher, Filme, Serien und Mainz. Um mehr zu erfahren, → klicke hier

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